Kommt das Wertstoffgesetz?

Das Wertstoffgesetz soll die rechtlichen Grundlagen für eine einheitliche Wertstofferfassung von Verpackungen und anderen recycelbaren Produkten schaffen. Je länger der angekündigte Arbeitsentwurf allerdings auf sich warten lässt, desto fraglicher wird, ob das Gesetz überhaupt zustande kommt. Fast alle wollen es, aber ein gemeinsamer Wille zum Kompromiss ist nicht erkennbar.

Noch in diesem Jahr sollte der Entwurf kommen. Seitdem einige Eckpunkte des Bundesumweltministeriums zur geplanten Regelung bekannt geworden sind, setzt sich der Dauerstreit zwischen Kommunen und Privaten über die Frage der Zuständigkeiten in unverminderter Härte fort: So fordert etwa die „Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU)“, die u.a. Abfüller und duale Systembetreiber zu ihren Mitgliedern zählt, eine „einheitliche Erfassung aller Wertstoffe“ durch die dualen Systeme. Also auch von Bratpfannen, Plastikartikeln und anderen sogenannten „stoffgleichen Nichtverpackungen“, die bislang in der Verantwortung der Kommunen entsorgt werden. Begründung: Man könne auf bewährte Strukturen aufbauen, wodurch das Umsetzungsrisiko begrenzt sei. 

Das sieht das kommunale Lager ganz anders – wobei grundsätzlich festzustellen ist, dass die Interessen der Kommunen durchaus unterschiedlich sind und es bislang keine gemeinsame Position der Kommunen, ihrer Spitzenverbände und kommunaler Unternehmen gibt. Gefordert wird auch hier die alleinige Verantwortung für alle Wertstoffe – Verpackungen inclusive. Die negativen Erfahrungen, die man in den letzten Monaten und Jahren gemacht habe und die fast zum Zusammenbruch des privaten Systems geführt haben, seien Beleg genug, dass es in privater Verantwortung nicht funktioniere.

Geteilte Verantwortung

Der als Kompromiss gedachte Vorschlag des Umweltministeriums: Es bleibt bei der bisherigen Aufgabenverteilung und die praktische Ausgestaltung der Wertstofferfassung wird den Verantwortlichen vor Ort überlassen. Nach Auffassung des Ministeriums würde es ein solches „Kooperationsmodell“ z.B. ermöglichen, Erfassungsgebiete aufzuteilen. Dies werde bereits in Berlin praktiziert. Denkbar sei auch, dass die dualen Systeme die stoffgleichen Nichtverpackungen im Auftrag der Kommunen miterfassen. Die Reaktion kam prompt: Dieser Vorschlag sei für die Kommunen „unzumutbar und in der Praxis ungeeignet“. Er gehe in keiner Weise auf die kommunale Forderung ein, zumindest die Sammlung der Verpackungen wieder den Kommunen zu übertragen. Vielmehr blieben die gravierenden Probleme einer getrennten Zuständigkeit für Haushaltsabfälle erhalten. 

Kompromisse in der Gretchenfrage „Kommunal oder Privat“ scheitern bislang an der fehlenden Bereitschaft, Maximalpositionen aufzugeben. Politische Mehrheiten für eines der Modelle zu finden, ist schwierig. Selbst in der SPD-Bundestagsfraktion gibt es kritische Kommentare zu den Vorschlägen der SPD-Umweltministerin. Grüne in Bund und Ländern arbeiten an ihrer Position für einen grundlegenden Systemwechsel und wollen die dualen Systeme am liebsten ganz loswerden. 

„Wenn sich nicht bald beide Seiten aufeinander zu bewegen, ist ein Scheitern des Gesetzes nicht auszuschließen“, fürchtet FKN-Geschäftsführer, Michael Brandl. Es bleibe zu hoffen, dass alle Akteure das eigentliche Ziel des Gesetzes, zusätzliche Wertstoffe für ein hochwertiges Recycling zu gewinnen, nicht aus den Augen verlieren.

Standpunkt

Die Tricksereien innerhalb des Dualen Systems haben fast zum finanziellen Kollaps geführt. Daher ist Kritik in weiten Teilen berechtigt und notwendig. Auch sind Zweifel angebracht, ob die 7. Novelle ausreicht, um das System langfristig zu stabilisieren. Das alleine kann aber kein Grund sein, die ökologischen Erfolge der letzten 20 Jahre zu negieren und zu glauben, dass nur mit einem radikalen Systemwechsel alles besser wird. Zu diesen Erfolgen gehört, dass Verpackungen heute leichter und besser recycelbar sind. Nach wie vor sind das Verpackungsgewicht und die Kosten für Sammlung, Sortierung und Verwertung entscheidende Kriterien bei der Kalkulation der Lizenzentgelte. Diejenigen, die Transparenz und ökologische Anreize bei der Preiskalkulation fordern, vergessen, dass es kein DSD-Monopol mehr gibt, in dem es eine Preisliste gab, über die öffentlich diskutiert wurde.

Das Kartellamt wollte Wettbewerb. Auch wir sind davon überzeugt, dass ein fairer Wettbewerb am besten geeignet ist, eine qualitativ hochwertige Sortierung und Verwertung unserer Verpackungen sicherzustellen. Dazu sind vor allem zwei Dinge notwendig: zum einen – anspruchsvolle Recyclingquoten, die sich am technisch möglichen und wirtschaftlich vertretbaren orientieren. Dies ist Konsens zwischen allen Beteiligten. Dabei erfährt auch unsere Forderung nach einer eigene Quote für Getränkekartons breite Zustimmung. Zum anderen brauchen wir einfache, vollziehbare gesetzliche Regelungen, die Gestaltungs- und Interpretationsspielräume bei der Verpackungslizenzierung weitgehend vermeiden. Was wir nicht brauchen, ist eine endlose Fortsetzung des Streits über Zuständigkeiten. Das erhöht nur die Wahrscheinlichkeit, dass wir bald über die 8. Novelle der Verpackungsverordnung diskutieren.

Michael Brandl
Geschäftsführer des FKN