2. deutsche Recyclinganlage für PE-Alu aus Getränkekartons startet 2023

Seit dem letzten Jahr stellt die Palurec GmbH in Hürth aus den Kunststoff-Aluminium-Folien des Getränkekartons Rohstoffe für neue Produkte her. Bereits in wenigen Monaten geht eine weitere Recyclinganlage in Dessau an den Start: Das Bielefelder Start-up saperatec GmbH hat ein weltweit
patentiertes Verfahren zur Trennung von Verbundmaterialien mittels
Mikroemulsionslösungen auf Tensidbasis entwickelt.

Saperatec-Verfahren zur Trennung von Verbundstoffen
Das Recyclingverfahren der Saperatec für die Kunststoff-Alu-Anteile aus Getränkekartons

Die Saperatec-Anlage soll ca. 18.000 Tonnen Verbundmaterial recyceln können. Gemeinsam mit der Palurec-Anlage werden damit ausreichende Kapazitäten für die Verarbeitung der in Deutschland anfallenden Kunststoff- Aluminium-Restoffe zur Verfügung stehen. Diese stammen aus Papierfabriken, die Getränkekartons aus den gelben Tonnen und Säcken verarbeiten und den 70- bis 80-prozentigen Faseranteil zur Herstellung hochwertiger Verpackungspapiere nutzen. Als Produktionsrest fallen vor allem die Beschichtungen aus Kunststoff und Aluminium an, die dafür sorgen, dass Milch und Fruchtsäfte vor Licht und Sauerstoff geschützt werden und über mehrere Monate haltbar sind.

So funktioniert das Recyclingverfahren

Zuerst wird das Material vorsortiert, gereinigt und zerkleinert, um eine möglichst große Angriffsfläche für die Trennflüssigkeit zu schaffen. Sie ist wasserbasiert und frei von Lösemitteln. Unter ständigem Rühren dringt die erwärmte Waschlösung zwischen die erwärmte Waschlösung zwischen die Folien und trennt den Verbund. Nach der anschließenden Sortierung der Materialien werden die Kunststoffe getrocknet und zu einem folienfähigen Regranulat veredelt. Daraus können u.a. Folien für Non-Food-Verpackungen hergestellt werden.

Auch die recycelten Hartkunststoffe aus Verschlüssen und das Aluminium werden in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt, z.B. als Beimischung zu Gussteilen. saperatecs Trennverfahren erfüllt hohe Umweltstandards. Die wasserbasierte Trennflüssigkeit setzt ausschließlich Stoffe ein, die in den europäischen Vorschriften für Lebensmittelkontaktmaterialien ohne spezifische Migrationsgrenzen aufgeführt sind. Über 30-mal wird die Trennflüssigkeit wiederverwendet.

Poly-Al-Trennung in Europa

Neben saperatec und der Palurec in Deutschland wird auch in anderen Ländern Europas das Recycling von Kunststoffen und Aluminium aus Getränkekartons vorangetrieben. Drei weitere Firmen, in den Niederlanden (Recon Polymers), in der Tschechischen Republik (Plastigram) und in Italien (Ecoplasteam), verwerten Kunststoffe und Aluminium aus Getränkekartons. Damit wurde schon Ende 2021 fast ein Drittel des europaweit gesammelten Poly-Als aus Getränkekartons wiederverwertet.

Mehr sammeln, mehr recyceln

Die Planungen für weitere Recyclinganlagen für Getränkekartons in Europa sind weit vorangeschritten. Diese Recycling- Infrastruktur ist auch nötig, um die selbst gesetzten Recyclingziele zu erreichen. Die europäischen Getränkekarton- Hersteller haben sich in ihrer Roadmap das Ziel gesetzt, dass bis 2030 europaweit 70 Prozent aller Getränkekartons recycelt werden. Das neue Trennverfahren und die verschiedenen Anlagen zum Recycling von Aluminium- und Kunststoff-Folien aus Getränkekartons leisten dazu einen wichtigen Beitrag.

Mehr zur saperatec erfahren Sie auf ihrer Webseite saperatec.de

FKN: Herr Hornung, ihre Idee der Auftrennung von Verbunden mittels Mikroemulsion klingt revolutionär. Erzählen Sie uns bitte von den Anfängen dieser Idee.

Thorsten Hornung: Saperatec forscht seit 2010 an der Delamination von mehrschichtigen Verbundmaterialien aus Kunststoff, Metall, Glas und Papier. Schon früh konnten wir Prozesse für die Delamination so unterschiedlicher Anwendungsfelder wie Getränkekartons, Photovoltaik-Zellen und Autosicherheitsglas entwickeln. Seit 2014 optimieren wir das Verfahren in unserer Pilotanlage in Bielefeld für den industriellen Einsatz.

FKN: Von der Gründung Ihrer Firma im Jahr 2010 bis heute sind 12 Jahre vergangen. Warum hat das so lange gedauert?

Thorsten Hornung: Die chemische Verfahrenstechnik zur Delamination ist nur ein Baustein einer Industrielösung. Daneben musste ein umfangreicher Prozess zur mechanischen Aufbereitung der Abfallfraktionen, zur Sortierung der verschiedenen Rohstoffe und zur Veredelung der zurückgewonnenen Rohstoffe für neuwertige Anwendungen entwickelt werden. Viel Zeit hat auch die Planung, Finanzierung und Genehmigung der ersten industriellen Großanlage gekostet. Umso mehr freuen wir uns, dass es nun Mitte 2023 richtig losgeht.

FKN: Warum haben Sie für die erste groß-industrielle Anlage der saperatec den Standort Dessau-Roßlau gewählt?

Thorsten Hornung: Sachsen-Anhalt ist ein führender Standort der Chemie- und Prozessindustrie in Deutschland. So finden wir dort gut ausgebildetes Personal, starke Industriepartner und eine gute Infrastruktur. Zudem hilft das Land Sachsen-Anhalt jungen Technologieunternehmen wie saperatec auf vielschichtige Weise, komplexe Zukunftstechnologien in den industriellen Einsatz zu bringen.

FKN: Wir danken Ihnen für das Gespräch.