Neuer Recyclingstandard – Wie recyclingfähig ist ein Getränkekarton?
Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) hat im Juni den Entwurf einer „Orientierungshilfe zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen“ veröffentlicht. Er soll den Dualen Systemen helfen, Gebührenmodelle zu entwickeln, die gut recycelbare Verpackungen fördern. Er ist aber vor allem wichtig für alle, die recyclinggerechte Verpackungen entwickeln, herstellen und vertreiben wollen.
Entscheidend wird zukünftig sein: Nicht das, was technisch möglich ist, geht in die Beurteilung der Recyclingfähigkeit ein, sondern nur das, was in der Praxis tatsächlich recycelt wird. Anhand eines Prüfrasters soll zunächst festgestellt werden, ob eine Verpackung überhaupt sortiert werden kann. Verpackungsbestandteile, die eine klare Zuordnung zu einem bestimmten Wertstoffstrom stören oder verhindern, führen zur Abwertung. Auch hier gilt: Selbst wenn es technisch möglich ist, entsprechende Verpackungen zu erkennen und auszusortieren, aber die Sortiertechnik in der Praxis nicht eingesetzt wird, gilt die Verpackung als nicht recyclingfähig. Dies gilt zum Beispiel für den Kunststoff Polylactid (PLA), der aufgrund des geringen Mengenaufkommens derzeit nicht aussortiert wird.
Im nächsten Schritt wird für jedes Verpackungsmaterial und jede Materialkombination detailliert aufgelistet, welcher Anteil verwertbar ist, ob und wenn ja ausreichende Verwertungskapazitäten vorhanden sind und was die Verwertung stört. Bei PET-Flaschen sind das z.B. Additive oder Schichten, die als Sauerstoff und UV-Barriere eingesetzt werden. Bei formstabilen Kunststoff-Verpackungen, also z.B. Becher, Schalen oder Tuben sind es häufig recyclingunverträgliche Kunststoffkombinationen oder nicht wasserlösliche Klebstoffe.
Deutlich über 90 % sind möglich
Und wie wird der Getränkekarton abschneiden? Testate belegen bereits heute: Alle Getränkekartonverpackungen, die derzeit auf dem Markt sind, werden mit Nahinfrarot-Scannern eindeutig identifiziert, sie werden mit einer hohen Sortenreinheit aussortiert und enthalten keine Bestandteile, die eine Verwertung erschweren oder verhindern. Der „Wertstoffgehalt“, also das was man stofflich wiederverwerten kann, liegt je nach Ausstattung der Packung derzeit bei bis zu 80 Prozent. Er lässt sich auf deutlich über 90 Prozent steigern, sobald wieder Kapazitäten zur Verwertung der Polyethylen-Aluminiumfolien vorhanden sind. Damit ist noch vor der Veröffentlichung des nächsten Mindeststandards im September 2019 zu rechnen. Die Hersteller von Getränkekartons haben ihre Hausaufgaben also weitgehend gemacht.
Keine Triviale Aufgabe
Die Orientierungshilfe wird im September 2018 veröffentlicht und danach zu einem Mindeststandard weiterentwickelt. Dieser wird jährlich in Abstimmung mit dem Umweltbundesamt den aktuellen Gegebenheiten der Sortier- und Verwertungstechnik angepasst. Die Dualen Systeme müssen sich ab 2019 bei der Gestaltung ihrer Lizenzentgelte danach richten. So steht es zumindest im Gesetz. Bei derzeit neun konkurrierenden Unternehmen ist das alles andere als eine triviale Aufgabe: In einem System kollektiver Verantwortung muss jeder für sich im Wettbewerb ein Anreizmodell entwickeln, ohne die Finanzierung des Gesamtsystems zu gefährden.